Irgendwann
während der relativ kurzen Zeitspanne der Anpassung der Hauskatze an den
Menschen, entstand jene Katze, die sich an ein häusliches Dasein
gewöhnte. Dauerhaft werden in der Regel nur Veränderungen vererbt , die
zu einer besseren Angepasstheit führen. Ein weiterer wichtiger Begriff
in diesem Zusammenhang ist die »Inzucht«. Sie wird benutzt, um eine
größere Reinheit der Blutlinie zu erzielen und um durch Verpaarung der
besten Individuen dem Idealbild Näherzukommen. Durch Inzucht
hervorgebrachte Nachkommen werden einander mit jeder neuen Generation
zunehmend ähnlicher. Jeder einzelne Schritt muss jedoch abgewägt werden,
da bei zu intensiver Praxis nachteilige rezessive Gene an die Oberfläche
gelangen können. Selbst für durchschnittlich gebildete Menschen ist der
Begriffe »selektive Zucht« ein Buch mit sieben Siegeln, das man gern
jenen überlässt, die bereit sind, diesem Thema ihr Leben zu widmen.
Selektive Zucht fußt jedoch auf einigen leicht verständlichen
Grundkonzepten, die im folgenden erklärt werden sollen. Diese
grundlegenden Prinzipien wurden Mitte des 19. Jahrhunderts von dem
österreichischen Mönch Johann Gregor Mendel entdeckt. Anhand von
Gartenerbsen wies Mendel als erster Mensch die Vererbung bestimmter
Merkmale nach. Er fand heraus, dass manche Vererbungsmuster mit
vorhersagbarer Beständigkeit wiederkehren. Hierzu formulierte er einige
Regeln, die zunächst in Vergessenheit gerieten, bis sie Anfang des 20.
Jahrhunderts wiederentdeckt wurden.
Die
erste Regel besagt: Kreuzt man zwei reinerbige Individuen (Eltern)
miteinander, die sich nur in einem einzigen Merkmal unterscheiden, für
das eines der Individuen zwei dominante (sich durchsetzende) Faktoren
und das andere zwei rezessive (»zurückweichende«) Faktoren besitzt, so
zeigen sämtliche Nachkommen der ersten Generation das dominante Merkmal.
So führt die Kreuzung zweier reinerbiger Katzen mit einem schwarzen und
einem blauen Fell zu Nachkommen mit schwarzem Fell. Schwarz verhält sich
dominant gegenüber Blau.
Die zweite Mendelsche Regel besagt, dass die Kreuzung
der Nachkommen zu Variationen dieses Merkmals führt. Einige Enkel
gleichen hinsichtlich dieses Merkmals einem Teil der Großeltern, andere
wiederum gar nicht. Das heißt: In der Generation der Enkel finden sich
Individuen mit schwarzem, mit blauem und mit andersfarbigem Fell. Heute
wissen wir um die inneren Zusammenhänge von Mendels Beobachtungen. Alle
Merkmale eines Lebewesens werden durch Gene bestimmt, die auf den
Chromosomen festgelegt sind. Bei der Befruchtung vereinigt sich die
männliche Samenzelle mit der weiblichen Eizelle, wobei die Chromosomen
des Nachkommen paarweise angeordnet werden. Jeweils eine Hälfte stammt
vom Vater und von der Mutter.
Diesen und anderen
Regeln folgend, versuchen Züchter, ihre Katzen optimal zu kreuzen, indem
sie die besten Merkmale der Vorfahren fortschreiben und minderwertige
Merkmale zu unterdrücken versuchen. Da der funktionale Nutzen des Tiers
hierbei nicht berücksichtigt werden muss, können sie sich allein auf
ästhetische Qualitäten konzentrieren. Neue Rassen und Varietäten
entstehen auf einem der nachfolgenden drei Wege:
Mutation
oder Veränderung
Auf diese Weise entstanden Rassen wie
Sphinx, Amerikanisch Rauhaar, Cornish Rex und Devon Rex. Zwar lässt sich
das erstmalige Auftreten einer Veränderung unmöglich voraussagen,
erfolgte Veränderungen werden jedoch wie jedes andere Gen
weitervererbt.
Rekombination
veränderbarer Gene
hierdurch bilden sich eher neue Farbschläge
als gänzlich neue Rassen. Auf diesem Weg entstand ein Dutzend Varietäten
der Burmakatze.
Dauerhafte Selektion der
Polygene
(oft auch als quantitative
Gene bezeichnet). Keine Mutation, sondern allein die Auswahl von
Individuen jeder neuen Generation,
die dem gewünschten Merkmal am nächsten kommen. Zahlreiche Generationen
der Siamkatze wurden bereits vom Menschen in diesem Sinne geformt.
Jedes körperliche Merkmal einer Katze wird durch je
ein Gen ihrer beiden Elternteile bestimmt. Die Fellfarbe etwa wird durch
ein bestimmtes Genpaar bestimmt. Eine reinerbige (homozygoter) schwarze
Katze besitzt zwei Gene für eine schwarze Fellfarbe. Eine reinerbige
schwarze mit einer reinerbigen blauen Katze verpaart, erzeugt einen
schwarzgefärbten Nachwuchs, da das »schwarze« Gen dominant, das »blaue«
aber rezessiv (»zurückweichend«) ist. Da der Nachwuchs schwarze wie
blaue Gene ererbt hat, gilt er als mischerbig (heterozygot). Eine
mischerbige Katze kann nun das rezessive Gen weitervererben. Das
rezessive Merkmal zeigt sich erneut, falls bei der Befruchtung zwei
rezessive Gene zusammentreffen. Die Verpaarung zweier schwarzer Katzen,
die auch das blaue Gen tragen, kann dazu führen, dass ein Teil des
Nachwuchses ein blaues Fell hat ohne dass sich präzise Vorhersagen
treffen lassen. In dem Fall wo es das Ziel ist eine Langhaarkatze mit
Dunkelfärbung der »Abzeichen« an den kühleren Körperspitzen (Points) zu
erhalten, wird eine reinerbige Schwarze Langhaar mit einer Pointed
Kurzhaar gekreuzt. Da die Gene für Schwarzfärbung und Kurzhaarigkeit
dominant sind, verfügt die zweite Generation durchweg über diese
Merkmale jedoch auch über Gene für Point- Färbung und Langhaarigkeit. So
kann die Verpaarung dazuführen, dass im Zuge der Mischung der Merkmale
das gewünschte Exemplar entsteht.